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Antje Müller ist jetzt Diakonin - wieso, weshalb, warum?

Dienstag, 07. Februar 2023, 11:52 Uhr
(re) Was ist das und wer ist sie? Wie wird man das? Und warum?
Diakonin mmh und was ist das?
Aber die sind doch alle katholisch? Die haben doch die komischen Gewänder an ….

Ja, in der Tat, für den ersten Moment ist die Albe schon ein komisches Gewand, „ein Engelskostüm“, hat vor kurzem jemand gesagt, „nur ohne Flügel“ …naja, in gewisser Weise gehören wir ja zum Bodenpersonal Gottes, die Diakone…, aber nun mal hübsch der Reihe nach.
Mein Name ist Antje Müller, geboren bin ich am 10. April 1966 in Sangerhausen. Aufgewachsen bin ich in einem kleinen Dorf in der Nähe von Sangerhausen auf einem kleinen Bauernhof. Ich hatte eine sehr behütete, in meiner Erinnerung immer fröhliche Kindheit, war die Jüngste von 5 Mädels. Glaube und Religion waren ein wichtiger Bestandteil meiner Erziehung und in den Zeiten der DDR nicht immer ganz ohne Konflikte.
Heute wohne ich im wunderschönen Stolberg im Südharz. Meinen Dienst verrichte ich seit nunmehr 25 Jahren in der Diakonie und ganz konkret im Ev. St-Marien-Hospital in Bleicherode. Angefangen habe ich als (damals noch junge) Schwester in dem kleinen Feierabendheim in Elende. 1999 zog ich mit unseren 28 Bewohnern in das neue, moderne Haus in Bleicherode um.
Seit 2011 habe ich die Leitung des Hauses übernommen und versuche unsere Jahrhunderte alten christlichen Werte und Traditionen aufrecht zu erhalten und zu leben und sie ggf. mit weltlichen Dingen zu kombinieren.

Umbruch
In den letzten Jahren erlebten die Kirche und auch die Diakonie einen (Um-)Bruch, es wurde nicht einfacher das Wort Gottes zu verkündigen, da die „Verkünder´“ nicht mehr so einfach zu kriegen waren, Pfarrer (sofern noch vorhanden) immer weniger Zeit für die Pflegeeinrichtungen und die Sorgen und Nöte sowohl der Bewohner als auch der Mitarbeitenden hatten. Die Frage der Konfession rückte in der kirchlich/diakonischen Arbeitswelt in den Hintergrund und unser diakonisches Profil drohte verschüttet zu werden. Dies ist einer der Gründe, warum ich mich entschloss irgendwie selbst tätig zu werden. 2017 erhielt ich die Chance von unserer Suptur erste Schritte zu wagen und eine Lektoren-Ausbildung zu absolvieren. Gottesdienste konnte ich nun schon mal bedingt und mit Einschränkungen halten. Irgendwie war meine Neugier auf Theologie geweckt.

Bewerbung?
2019 erzählte mir jemand, dass es eine Diakon-Ausbildung gibt, berufsbegleitend, zwei Jahre. Diakon...? Naja, ziemlich angestaubt, dachte ich, wenn man bedenkt, dass es Diakone schon beinah 2.000 Jahre gibt und die Aufgaben nicht so recht in meine Stellenbeschreibung passen wollten. Sollte ich das wirklich versuchen? Nebenbei, zu meinem nicht immer ganz einfachen Job? Zwei lange Jahre geballte Ladung Theologie? Die Ausschreibung hat mich irgendwie erreicht und nicht mehr losgelassen, bis ich es schließlich doch wagte, die Bewerbung wegschickte. Nach wenigen Tagen erfuhr ich: Es war jemand abgesprungen, ich war angenommen! Das hat Gott also schon mal so gewollt...dann mal los!
Vor mir lagen nun die Tiefen der Biblischen Exegese, Kasualien, Liturgien, Seelsorge, Politik und Kirche, Diakonie und Kirche mit ihrer Geschichte und Zukunft, Worte, wie Säkularisierung gehören nun mit zu meinem Vokabular. Hinter mir liegen 4 Prüfungs-Module, eine Hausarbeit inkl. Verteidigung, Begegnungen mit 11 weiteren (nun ebenfalls eingesegneten) Diakonen. Wir haben gelernt, gesungen, gelacht, geweint, gefeiert, gebetet, diskutiert und immer dasselbe Ziel vor Augen gehabt.

Gemeinschaft
Ein wichtiger Bestandteil war bei allem: gemeinsam schaffen wir alles. Gemeinschaft ist das, was zählt. Dabei war unser Anfang in der Corona Zeit alles andere als leicht. Online Unterricht von 9 bis 18 Uhr war die ersten Monate der Ausbildung die einzige Möglichkeit des Lernens, völliges Neuland für die meisten von uns, aber der Schwierigkeitsgrad wurde noch erhöht: Jeder war mal dran, eine Andacht zu halten - online!!! - unter der strengen visuellen Zensur unserer Theologen (!!!), wir haben voneinander gelernt, miteinander gelitten und waren uns doch ganz sicher, gemeinsam schaffen wir alles.
Nach der Lockerung der Maßnahmen konnten wir unsere Schultage endlich im Präsenzunterricht verbringen, jeden

Monat 3 Tage und zweimal 2 Wochen Seelsorge am Stück. Mal im Augustinerkloster in Erfurt, mal im Kloster Volkenroda, in der Evangelischen Stiftung in Neinstedt und in Eisenach im Diakonissen Mutterhaus. Was für eine schöne Zeit es doch war, mit wunderbaren Menschen und so vielen Inhalten, wenn auch sehr anstrengend so neben dem ganz normalen Berufsalltag mit allen Herausforderungen, die meine Leitungstätigkeit eben mit sich bringt. Alles geschafft! Ein bisschen stolz bin ich schon auf das Erreichte. (Zu Recht, wie wir finden. Anmerkung der Redaktion)
Der sehr feierliche Einsegnungs-Gottes-dienst im November letzten Jahres, bzw. auch der Abend vorher mit der Feier des Tischabendmahls mit dem Landesbischof Friedrich Kramer, waren ein ganz besonderer Moment in meinem Leben und auch für meine ganze Familie, die zugegen war.

Und nun?
Was fang ich nun an mit meinem Wissen? Erst einmal alles wie bisher auch nur eben etwas professioneller Andachten...Seelsorge..Aussegnungen...Gottes-dienste in erster Linie natürlich hier im St. Mariechen. Aber auch in meiner Heimatgemeinde Stolberg bin ich schon gefragt worden von unserem Pfarrer.
Mitarbeiterandachten sind mir wichtig geworden. Ein Fernziel wäre wieder den Diakoniekonvent ins Leben zurück zu holen, den Pfarrer Blaszcyk schon einmal mit Themen und Leben füllte.
Gottes Liebe zu seinen Geschöpfen ist so alt wie die Erde. Menschen haben immer diese Liebe empfangen und sie weitergegeben an hilfebedürftige und benachteiligte Mitmenschen.

Mittendrin
Über zwei Jahrtausende hinweg hat sich in der Nachfolge Jesu Christi die moderne Diakonie entwickelt. Verkündigungsdienst und Nächstenliebe verbinden sich mit professionellen und weltlichen Unterstützungsangeboten im Sozial- und Gesundheitssystem. Und mittendrin, im Zentrum dieser Entwicklung, stehen wir, die Diakoninnen und Diakone.
Ich bin Gott dankbar für den Weg, den er mir bis hierher geebnet hat, ich bin dankbar für die Menschen, die ihn säumten und säumen, und freue mich auf die kommende Zeit mit oder ohne Albe, aber als Diakonin.
Ihre Antje Müller
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