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Wir sehen uns wieder - Christusdorn von Jana Lenz

Sonntag, 20. November 2022, 03:26 Uhr
(re) Bei uns in der Lebenshilfe wurde vor einigen Jahren ein Kunstprojekt ins Leben gerufen, in dem die Teilnehmenden mit Stiften oder Pinseln ihren Gedanken und Gefühlen freien Lauf lassen können. Dabei sind viele farbenfrohe Bilder entstanden, die mich allesamt sehr beeindruckt haben. Berührt hat mich aber auch ein schlichtes Bild mit einem sehr traurigen Motiv: Da hat der Künstler sich selbst gezeichnet, wie er vor dem Grab seiner Eltern steht. Ganz gebeugt steht er da. Der Rücken so krumm und den Kopf soweit nach unten geneigt, wie es den meisten von uns im realen Leben kaum möglich sein dürfte. Beim Betrachten spüre ich seine große Trauer und die Verzweiflung darüber, dass er seitdem allein ist. Morgen ist Totensonntag, und ich ahne, dass er ähnlich gebeugt am Grab der Eltern stehen wird wie auf seinem Bild - und dass wir dann bei unserem Wiedersehen am Montag darüber reden werden. Zum Glück wissen wir beide, warum dieser Sonntag in der evangelischen Kirche auch Ewigkeitssonntag genannt wird: Am letzten Sonntag des Kirchenjahres wird nicht nur der Verstorbenen gedacht, sondern auch von der Hoffnung erzählt, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Es ist ein Tag der Trauer und der Hoffnung zugleich. So getröstet, müssen wir nicht gramgebeugt durchs Leben gehen. Wir geben unserer Trauer so viel Raum und Zeit wie nötig. Und wenn wir den Kopf wieder heben können, dürfen wir nach oben blicken und flüstern: Wir sehen uns wieder!

Jana Lenz

Pädagogische Geschäftsführerin der Nordthüringer Lebenshilfe
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