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Predigt zur Jahrslosung 2013

Donnerstag, 03. Januar 2013, 18:17 Uhr
Liebe Schwestern und Brüder,

Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.
dieses biblische Wort wird uns als Jahreslosung durch das Jahr 2013 begleiten.

Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.
Es spannt einen großen und weiten Bogen hinüber auf die andere Seite des Lebens – weit über das hinaus, was wir verstehen und überschauen können.
Und doch geht es in diesem Wort nicht um lebensferne Zukunftsspekulationen.
Es geht um die Frage: wie können wir im Angesicht dieser großen Hoffnung
verantwortlich, fröhlich und getrost leben.

Mit dieser Frage können wir jedem biblischen Wort begegnen: Was ist das tröstliche an diesem Wort? Welche Einsicht will es mir schenken, die mir ganz persönlich zum Leben und zum Sterben hilft.
Was ist das Tröstliche an diesem Wort?
Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.
Nun mag diese Vorstellung erst einmal eher bedrückend sein:
Diese Jahreslosung wird uns ein ganzes Jahr lang an die Endlichkeit unseres Lebens erinnern. Und nicht nur am Karfreitag, nicht nur am Totensonntag oder immer dann, wenn uns die Wege unseres Lebens auch im kommenden Jahr auf den Friedhof führen werden. Wenn wir Abschied nehmen müssen von lieben Menschen aus unserer Mitte. Wer weiß heute schon von wem? Und vielleicht sogar werde ich einer derer sein, von dem man Abschied nehmen wird?
(So wie wir vor 10 Tagen Abschied nehmen mussten von Pfarrer Martin Land, den unser himmlischer Vater mit 52 Jahren heimgerufen hat.)
Herr, Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf das wir klug werden.
Dieses Wort aus Psalm 90 ist ganz nah bei unserer Jahreslosung und es gehört für mich zu den tiefgründigsten Worten der ganzen heiligen Schrift. …auf das wir klug werden.
Das Bedenken unserer Endlichkeit will uns nicht lebensmüde oder depressiv werden lassen. Es will uns klug machen. Und wer möchte im Leben nicht klug sein. … auf das wir klug werden:

Das erste: Der Gedanke an die Endlichkeit unseres Lebens will uns lehren, das Leben nicht mit Besitzen zu verwechseln.
Und das geht so schnell bei uns Menschen.
Wenn ich bedenke, wie viele Familien sich zerstreiten, wegen einer Erbschaft, wegen ein paar tausend Euro oder ein paar Hektar Land. Was Menschen dafür bereit sind, alles aufs Spiel zu setzen! Weil sie sich über die Erbschaft nicht einigen konnten, reden Geschwister seit Jahren kein Wort mehr miteinander oder Kinder mit ihren Eltern! Ist das nicht fürchterlich?
Wir sagen zwar manchmal: Das letzte Hemd hat keine Taschen und leben doch ganz anders. Leben aber ist viel mehr als das, was wir besitzen oder uns erarbeiten. Gott sei Dank!
Wir haben hier keine bleibende Stadt.
Also, was könnte die Jahreslosung bedeuten für meinen Umgang mit dem,
was ich besitze?

Das zweite: Der Gedanke an die Vorläufigkeit unseres Lebens hier will uns lehren, vergebungsbereit zu leben und Vergebung zu gewähren.
Es gibt in der Bibel ein Wort das heißt: Lass die Sonne nicht untergehen über deinem Zorn. Ja, manchmal sind wir zornig aufeinander, manchmal macht uns manches wütend, gibt es richtig Streit auch in der Ehe. Das ist wohl so. Wir sind Menschen mit Aggressionen und Emotionen. Wir machen Fehler und haben manchmal einen dicken Schädel.
Es fällt uns schwer eigene Fehler einzusehen und andere um Vergebung zu bitten.
Der Gedanke an das Sterben hilft mir vergebungsbereiter zu leben. Ich will dich heute bitten: Verzeih mir! Ich will heute sagen: Ich vergebe dir!
Denn kann sein, morgen ist es dafür zu spät. Lass die Sonne nicht untergehen, über deinem Zorn, ehe du verzeihst! Das ist wohl sehr weise.
Ich habe das einmal bei einem Trauerfall sehr dramatisch erlebt, wie groß und bedrückend Schuldgefühle waren für eine Frau, die sich im Streit von ihrem Mann am Morgen getrennt hatte und am Abend war er tot. Die letzten Worte waren Worte des Streites. Daran hatte die Frau unglaublich lange zu tragen. Denn letzte Worte brennen sich ein in unsere Seele.
Und ich kenne ein mit uns befreundetes Ehepaar. Die beiden segnen sich an jedem morgen bevor beide zur Arbeit gehen und fahren. Wenn einer von beiden bei einem Unfall sterben sollte – waren die letzten Worte immer Segensworte.
Denn wir haben hier keine bleibende Stadt…
Das dritte: Es kann uns helfen, verantwortlicher mit dem einmaligen Geschenk des Lebens umzugehen. Es gibt so einen lebensfeindlichen Unsterblichkeitswahn unter uns Menschen. Der uns einreden will. Es könne immer nur die anderen treffen.
„Es könnte auch dein Kind sein.“ Lesen wir auf Schildern an den Ortseinfahrten unserer Städte und Dörfer. Ein Schild, das uns wachrütteln will aus dieser irrigen Meinung – es könne uns nicht treffen.
Oder Schilder auf unseren Autobahnen: Rita 32, Manfred 35, Oliver 10. Sie hatten es eilig.
Sie wollten zum Geburtstag nicht zu spät kommen. Sie kamen nie an.
Klug werden ganz konkret: Rechtzeitig losfahren, damit ich dann nicht unter Zeitdruck aggressiv werde. Und wie schnell kann es kommen, dass wir selber im Straßenverkehr zum Täter werden.
Ich hatte es eilig. Ich war zu schnell und die Straße glatt. Das Kind habe ich nicht kommen sehen. Ich konnte nicht mehr bremsen. Das Kind tot. Ich werde es nie wieder gut machen können.

Nein, liebe Schwestern und Brüder, unsere Jahreslosung für das kommende Jahr will uns nicht Angst und Bange machen! Sie will uns viel mehr die Kostbarkeit des Lebens vor Augen führen und zu Herzen gehen lassen.
Es ist so kostbar, weil es vorübergehend ist, weil wir hier nicht bleiben können.

Wir haben hier keine bleibende Stadt. …. Sondern die zukünftige suchen wir. Ohne diesen zweiten Teil wäre unsere Jahreslosung freilich ein wenig trostlos. Und wir sind ja auf der Suche nach dem Tröstlichen in diesem Wort.
Mit dem Wort „suchen“ ist in unserer Jahreslosung nun nicht das Suchen gemeint, bei dem das Finden nicht sicher ist. Also, wenn ich meinen Schlüssel suche, ist es nicht sicher, dass ich ihn finde. Um solches Suchen geht es nicht.

Es geht vielmehr um eine innere Lebenshaltung, die von der Zukunft mit großer Gewissheit und Vorfreude noch etwas Schönes erwartet. Es geht also um Sehnsucht. Und man müsste vielleicht besser übersetzen: sondern die zukünftige sehnen wir herbei. Ich bin gespannt, wie es werden wird.
Unsere schöne Jahreslosung lädt uns ein, sehnsüchtig zu leben und sehnsüchtig zu bleiben.
Aber es geht nicht um eine Sehnsucht, die sich wegträumt aus dieser Welt,
weil alles hier alles böse ist und die Menschen schlecht. Die Sehnsucht nach dem Himmel ist in der Bibel immer verbunden mit der Sehnsucht nach dem wahren Leben hier. Die Sehnsucht nach dem Himmel der kommt, und die Sehnsucht nach dem Leben, das ist, gehören untrennbar zusammen.
Sehnsucht kann nicht warten bis es einmal so weit ist. Sehnsucht will es jetzt wissen.
Das ist wie in der Liebe. Erinnert euch einmal an eure erste oder zweite Liebe. Also ich weiß das noch genau. Ich war bei der Armee und meine Freundin zu Hause. Wir hatten solche Sehnsucht und darum haben wir uns fast täglich geschrieben. Ich wollte nicht bis zum nächsten Urlaub warten, um von ihr zu hören, dass sie mich liebt. Ich wollte das jetzt wissen und ihr das auch jetzt sagen! Und wir haben alle Briefe aufgehoben!

Und mit dem Glauben ist das ähnlich. Die Sehnsucht nach dem Himmel kann nicht einfach so warten und tatenlos zusehen bis der Himmel kommt.
Der Glaube will es jetzt wissen!
Wie groß und weit die Liebe ist, die unser himmlischer Vater für uns empfindet. Der Glaube sehnt sich nach dem Vorgeschmack des Himmlischen hier und heute.
Die Sehnsucht nach dem Himmel verdirbt uns Menschen nicht die gute Laune – im Gegenteil. Die Sehnsucht danach, einmal in der zukünftigen Stadt die vollendete Liebe Gottes zu erleben, lässt die Sehnsucht wachsen, nach einem Leben hier, dass von Liebe erfüllt ist.
Sehnsucht ist für das Leben, was der Sauerteig ist für das Brot. Sehnsucht gibt sich nicht einfach ab mit dem Leben wie es ist oder wie es geworden ist.
Es ist eben, wie es ist – das sagt und unterschreibt die Sehnsucht nicht.
Zum Beispiel:
Die Sehnsucht nach dem Himmel kann Ehen retten und die Liebe zwischen Mann und Frau vor lähmender Gewohnheit bewahren.
Ach Mensch: Meine Ehe ist, wie sie ist! sagt keiner der von Sehnsucht erfüllt ist.
Sehnsucht sucht immer das noch Schönere, in dem was ist. Sehnsucht sucht wieder zu entdecken, was im Leben vielleicht verloren gegangen ist.
Die Sehnsucht kann wohl auch den Glauben retten vor dem Erstarren
in leb- und lieblosen Traditionen.
Sehnsucht ist immer in Bewegung. Sehnsucht sucht die Liebe bei Gott und den Menschen, im Himmel und auf Erden.
Ich habe meinen Glauben – auch das ist kein Wort der Sehnsucht.
Sehnsucht ist immer auf der Suche nach einer Liebe, die noch größer wird und weiter, nach einem Glauben, der noch tiefer und tröstlicher ist als der, den ich in mir spüre. Sehnsucht ist immer auf der Suche nach dem Neuen im Vertrauten.

Solche Sehnsucht aber macht nicht rastlos, nicht zufrieden. Sie sucht nicht immer das Neue, wenn das alte keinen Spaß mehr macht, sondern eben das noch Schönere, in dem was ist. Solche Sehnsucht sucht nicht immerzu das neue Glück, sondern das von gestern heute wiederzuentdecken – in mir, in meiner Frau, in meinem Glauben.

Nehmt einmal diese Frage mit ins neue Jahr – ganz persönlich – was könnte das sein, was in mir zu neuem Leben erwachen will? Was könnte das Neue sein im Vertrauten? Das noch Schönere, in dem was ist? Spürt eurer Sehnsucht nach!

Dass wir leben dürfen in großer Vorfreude und mit Sehnsucht auf den Himmel der kommt. Das ist für mich etwas Wunderbares – und ich kann mir gar nicht recht vorstellen – wie man ohne diese große Hoffnung leben kann. Ich möchte es jedenfalls nicht.
Das ist doch wunderbar und tröstlich zu wissen:
Das Beste haben wir immer noch vor uns! Egal wie lebenshungrig oder lebenserfahren und – satt wir uns gerade fühlen.
Wir dürfen leben in Vorfreude auf den Himmel, der kommt und neugierig bleiben auf das Leben, das ist. Als könnte jeder Tag der letzte sein, den Gott mich hier leben lässt.
So dürfen wir leben:
Mit beiden Beinen auf der Erde stehen – und dennoch wie auf gepackten Koffern sitzen.
Uns jeden Tag am Leben freuen und dennoch Bereit zu gehen, wenn er uns gehen heißt. Könnte sein schon morgen.
Wir dürfen sehnsüchtig das nächste Frühjahr erwarten – den nächsten schönen Urlaub – das nächste Wiedersehen mit unseren Kindern und Enkeln.
Die Liebe nach 30 Jahren Ehe herbeisehen, dass sie wieder blüht. Das noch Schönere indem, was ist.

Unsere Jahreslosung ist ein guter Wegweiser durch das kommende Jahr. Kann sein, das neue Jahr wird eines von vielen, die Gott uns schenkt. Kann sein, das kommende Jahr hält etwas überwältigendes Schönes für mich bereit und 2013 wird in unserer Erinnerung ein ganz besonderes bleiben. Kann sein – 2013 wird auf meinem Grabstein stehen als das Jahr meiner Abreise aus dieser Zeit in Gottes Ewigkeit.

Wie auch immer – selbst wenn wir sterben fallen wir nicht aus Gottes Hand – unser himmlischer Vater nimmt uns dann nur von einer Hand in die andere.

Von guten Mächten wunderbar geborgen;
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist mit uns am Abend und am Morgen;
und ganz gewiss an jedem neuen Tag! AMEN
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