Meldung

Offener Brief an Pfarrer Jochen Lenz

Freitag, 23. April 2010, 14:56 Uhr
Lieber Jochen,
Ich möchte hiermit zu Deinen Ausführungen zum Thema „Gottesdienst auf dem Lande“ auf der letzten Synode am 29.3. Stellung nehmen. Dein Vortrag enthält erfrischende Witzigkeiten, viele Richtigkeiten und auch einige Wahrheiten denen ich ohne Weiteres zustimmen kann.
In zwei Punkten möchte ich allerdings heftig widersprechen.

1. Deiner Behauptung, dass sich die Form und Sprache unserer Gottesdienste an die Alltagsgewohnheiten der Menschen anzupassen hat.

Ich finde, wir sind den Menschen die Fremdheit unserer Botschaft und auch unserer Formen schuldig. Wenn auch noch wir als Kirche uns anpassen und stromlinienförmig werden, dann stellt sich irgendwann die Frage nach unserer Existenzberechtigung. Wir tun den Menschen keinen Gefallen wenn wir ihnen auch noch in der Kirche Unterhaltung, Showmastertum und Schlagermusik bieten. Heimat ist nicht das was momentan gefällt, sondern dass, was von „alters her“ vertraut ist. Dass unsere Liturgie und Lieder bis zu Martin Luther und darüber hinaus zurück reichen ist ein Schatz, den wir viel zu wenig im Bewusstsein tragen und den wir nicht billig verspielen dürfen.
Von daher verstehe ich auch meine Aufgabe als Gemeindepädagoge immer mehr in der „Einführung der Kinder und Familien in unsere Tradition als in der ständigen Erfindung neuer Formen und beliebiger und sich schnell abnutzender Segenswünsche und Ähnlichem.
Heimisch werden Menschen in unserer Kirche nicht dadurch, dass wir uns ständig an sie anpassen sondern dadurch dass sie dort offenen und freundlichen Menschen, glaubwürdigen Persönlichkeiten und letztlich dem Herrn Jesus begegnen und sich ihm anpassen. Dabei ist es dann eher nebensächlich ob aus dem Gesangbuch oder aus dem Kirchentags Liederbuch gesungen wird.

2. Deiner undifferenzierten Gleichsetzung von Dorf – Gemeinschaft und Kirchengemeinde: Dieses Modell stammt aus einer Zeit in der die Menschen fast vollzählig in der Kirche waren, ihr Lebensmittelpunkt tatsächlich dass eigene Dorf war und in der jedes Dorf seinen eigenen Pfarrer hatte. Diese Zeiten sind (zum Teil leider) vorbei. Für die allermeisten Dorfbewohner und insbesondere für alle, die noch nicht das Rentenalter erreicht haben spielt die Dorfgemeinschaft längst nicht mehr die Rolle, die du ihr zuschreibst.
Deshalb halte ich auch Deine Schlussfolgerung für falsch, dass jedes Dorf mit seinen 6 Gottesdienstbesuchern auch in Zukunft einzeln für sich Gottesdienst feiern sollte. Vielmehr brauchen wir in Zukunft auch auf dem Lande lebensfähige Gemeindestrukturen die sich nicht mehr an den Kirchtürmen der Dörfer, sondern daran orientieren, dass in einer Kirchengemeinde alle Lebensbereiche (wie Kinder und Jugendarbeit, Diakonie, Kirchenmusik …verwirklicht werden können.

Mir schwebt da so eine Art Regional – Gemeine vor, welche die Größe hat, dass dort zwei Pfarrer, ein Gemeindepädagoge, ein Kirchenmusiker und ev. ein Diakon Dienst tun. Es gäbe ein ständig besetztes Gemeindebüro und ein räumliches Zentrum in dem sich das kirchliche Leben abspielt …

Mit herzlichen Grüßen und voller Vorfreude auf dem Sturm der Entrüstung, den diese Zeilen womöglich hervor rufen werden:

Frank Tuschy





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